Laudatio durch den Kurator, Kulturanthropologen und Kunsthistoriker
Mag. Dr. Wittigo Keller 2013
„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte: Kunst als Sprache der Seele“
Barbara Laimböck ist Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin und Ärztin für psychosomatische Medizin. Warum hat sie diese zweite medizinische Ausbildung gemacht? Die Anästhesie ist technisch, ihr fehlt fast jegliche Form der Kommunikation. Diese beschränkt sich mitunter auf drei Sätze: Wann haben Sie zuletzt gegessen? Haben Sie eine Allergie? Schlafen Sie gut! Der Rest bedeutet Ausgeliefertsein im Zustand der Ungewissheit. In der psychotherapeutischen Praxis entsteht aber eine komplett konträre Situation: ein Fundus an tief sitzenden Lebensgeschichten gleich einem Überangebot an Kommunikation. Und nachdem seit ihrer frühen Kindheit alles Unangenehme kompensiert wurde, um es in eine schöne Welt zu holen, entstand ein Leben im Wechselspiel zwischen Medizin und Kunst. Die Wissenschaft, konkret und beweisbar, ist für sie nicht weniger faszinierend und führt sie zum Pathos, zu Metaphern und Geheimnissen der Kunst, in eine Welt ohne Kunstfehler, hinein in eine schwebende Poesie balancierender Bilder mit ihren Geschichten und Geschehnissen unter neuen Blickwinkeln und ständig pulsierender Doppelbödigkeit.
Im Zyklus ÄRZTE finden wir Verhüllung und Enthüllung in der Gegenüberstellung von Muslimin und Chirurgin, einen Christus mit HNO-Spiegel, das scharfe Auge, das alles sieht, respekteinflößend, ein Christus, dem nichts entgeht und der das immer schlechte Gewissen einem Echo gleich nach außen projiziert.
Im Zyklus HUNGER widmet sich Barbara Laimböck den gigantisch dicken Figuren einer wachsenden McDonalds-Ernährungskultur im Kontrast zum erbrechenden Mädchen auf der Toilettenschüssel. Und im Gemälde „Hunger“ wird die dramatische Abgemagertheit in einem äthiopischen Flüchtlingslager mit der künstlichen Abgemagertheit salopper Knochengestell-Modells kombiniert.
Der Bereich MYTHOLOGIE lässt klassisch-tragische Gestalten wie Ödipus, Sisyphos und Salome oder Medea in einem neuen Blickwinkel erscheinen und einen Narziss am Teich als große Metamorphose auf einer allegorischen Spielwiese.
Im Zyklus DYADE und TRIADE, vielleicht den tiefgründigsten und sensibelsten Bildern, finden sich die Zweisamkeit von Mutter und Kind oder Mutter und totem Kind in Anlehnung an große Meister, wie die Pietà eines Michelangelo. Und in der Triade wird eine Lebenseinheit gebildet, in der etwas Vitales, nach außen Strebendes entsteht.
Diese Triade verbindet die Künstlerin über das Kunstwerk mit dem Betrachter, sie verschmelzen zur sinnlichen Reziprozität.
Barbara Laimböck malt visualisierte tiefenpsychologische Diagnosen und Situationsbeschreibungen als Metaphern, fühlt mit den Augen, sieht mit dem Herzen, malt Bilder, die unter die Haut gehen.